80 ct für Sunny

Roadtrip – Tag zwei – 08.09.2020

Es ist Dienstag und wir brechen von Isis Onkel auf nach Bamberg. Eine schöne Stadt, viele alte Fassaden, viel Grün und kleine schmale Gassen. Wir laufen durch einen botanischen Garten und setzen uns in den Schlosspark, ein Brunnen sprüht vor uns Wasser in die Luft, Blumen sind ringsherum angepflanzt. Wir haben kein richtiges Ziel, keinen Plan und nichts, was wir so wirklich sehen, nichts was wir hier so wirklich erleben wollen. Einfach nur laufen und schauen. Beobachten, die Atmosphäre dieses Ortes in uns aufsaugen und uns treiben lassen. Es fühlt sich so an, als würde unser ganzer Roadtrip, dieser ganze Urlaub unter diesem Motto stehen. Dafür, dass wir bevor wir los sind so gut wie nichts geplant haben, verlief bis jetzt alles sehr planvoll. Montag sind wir los, so ein bisschen nach Hals-über-Kopf-Manier, weil Isi mit ihrem Onkel ausgemacht hatte, dass wir um 12:30 zum Mittag da sind und ich bis Sonntagabend noch gut zu tun hatte und gar keinen Kopf über den Urlaub nachzudenken. Es wurde dann 13:14, aber das war auch ok, wir waren eh die einzigen Gäste in dem Gasthaus. Der Plan, den September und Oktober vegan zu leben, ging für Isi ordentlich schief. Vegan? Im tiefsten Thüringen? Niemals. Selbst vegetarisch zu essen, fällt hier schon schwer neben all der fleischigen Kultur. Ich merke wieder einmal, dass die Welt, in der ich sonst lebe, Berlin und mein unmittelbares Umfeld, absolut kein Durchschnitt für Deutschland ist.

Bamberg fühlt sich gut an. Ruhig irgendwie, so wie viele Orte hier in Bayern. Wir fahren weiter zu der Unterkunft im Nebenort, die wir den Abend zuvor gebucht hatten. Es ist früher Abend, die Sonne begibt sich langsam auf den Weg Richtung Horizont, goldenes sanftes Licht taucht die ganze grüne Landschaft in eine magische Stimmung. Ich liebe dieses Licht. Wir halten auf einem Parkplatz kurz vor dem Ort und steigen aus. Sonnenblumen wachsen neben der Straße, ihre Köpfe werden angestrahlt und schauen uns freundlich entgegen. Es ist ein Feld mit Selbstpflücke gegen eine kleine Spende. Ich schnappe mir die Gebäckmischung, die wir bei unserm Einkauf in Bamberg mitgenommen haben und tanze über das Feld. Ich liebe dieses Licht. Dieses warme goldene Licht an einem sonnigen Tag, wenn die Sonne beginnt, unterzugehen. Ich kann es nicht oft genug sagen, schreiben, denken, fühlen: ich liebe es einfach. Es ist so ehrlich, so pur und schön. Alles sieht dann sanft aus, selbst die graue Schnellstraße sieht romantisch aus, so als würden die vorbeirauschenden Autos eine Melodie zaubern. Wir setzen uns an die Straße an den Rand eines Feldes und betrachten die untergehende Sonne und die Kirchspitze am Horizont. Ein Heißluftballon ist am Himmel zu sehen.
„Hörst du das?“, frage ich Isi, die neben mir sitzt und versucht eine angenehme Position auf den stechenden Halmen zu finden. „Wenn man die Augen schließt, könnte das Rauschen der Autos auch das Meer sein.“, ich grinse, sie muss lachen. „Ja, vielleicht.“
Wir futtern Kekse, sitzen dort und schauen dem sich verändernden Himmel zu, bis unsere Beine schmerzen. Auf dem Rückweg durch das Sonnenblumenfeld nehmen wir Sunny, unsere Sonnenblume mit, die dank Plastikflasche mehrere Tage zu unserem dritten Beifahrer wird.
80 ct ist das auf jeden Fall wert.

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