Zum Inhalt springen

Es gibt keinen Schalter.

Ich hab dich gesehen.
Zufällig.
Sich treffende Blicke, ein plötzlich aussetzender Herzschlag.
Passiert das jetzt wirklich?
Ich wartete, du kamst auf mich zu. Ich weiß bis heute nicht, wie ich zu dir steh. Doch dann hier vor dir. Und es fühlte sich ganz normal an.
Du hast gesagt, du bist glücklich, dass es dir gut geht, dass du etwas gefunden hast, nach dem du so lange gesucht hast. Etwas, das dich ausfüllt. Und ich sagte, dass mich das freut – ganz ehrlich – und so meinte ich es auch.
Es war nur kurz, ein kleiner Moment, ein Zufall.
Und es war gut, dich zu sehen, gut deine Stimme zu hören, zu hören, dass alles gut ist bei dir. Es war gut diese dröhnende erzwungene Stille zwischen uns ein bisschen aufzulockern, denn ich will nicht, dass wir uns hassen.
Ich hätt gern gesagt, dass du hättest antworten sollen. Hätt dir gern gesagt, dass ich dich in dem Moment gebraucht hätte, dass ich wusste, dass du mich verstehen kannst, hab gehofft, dass du ein Mal seit wir uns kennen, da bist, wenn ich dich brauch – weil ich es doch so oft für dich war.
Doch du warst es nicht. Du bist es nie.
Und das kann ich nicht mehr erwarten und trotzdem hoffe ich es immer noch, irgendwie. Und ich weiß nicht, wieso, denn ich will es ja nicht – aber es gibt keinen Schalter, den ich einfach umlegen kann.
Und ich wollte, dass du antwortest, und trotzdem habe ich dir zugestimmt, als du meintest, dass es für uns beide wahrscheinlich richtig war. Denn das war es ja auch – irgendwie.
Und trotzdem hätt ich dir gern gesagt, dass es gut ist, dich zu sehen, keine Ahnung warum.
Ich hätt dich gern gefragt, wie du mit dem von früher leben kannst, mit dem, was du mir anvertraut hast, ohne, dass es dich im Innern zerfrisst.
Ich hätt dir gern gesagt, dass ich mich immer noch schuldig fühl und dass ich so vieles bis heute nicht versteh. Ich hätt dich gern gefragt, wie du so widersprüchliche Gefühle akzeptieren kannst. Wie für dich okay sein kann, was war. Wie du nicht darüber nachdenken und nichts ändern wollen kannst. Wie du nicht sehen kannst, was ich doch sehe.
Ich hätt dich gern gefragt, ob du je gelesen hast, was ich dir damals geschickt habe und was du dazu denkst, ob du es überhaupt verstehen kannst.
Ich hätt so gern gesagt, dass du mir hättest antworten sollen, wenn du es in dem Moment gewollt hast.
Und trotzdem habe ich es nicht.
Trotzdem habe ich gesagt und dir zugestimmt, dass es richtig so war. Und du hast es ja auch nie: geantwortet. Und das ist das Einzige, das zählt – egal ob ich es sage oder nicht.
Ich hab das alles nicht gesagt und nicht gefragt, weil ich selbst schon lange nicht mehr weiß, was richtig ist. Und ich erinnere mich an Wörter, die ich vor Kurzem las, daran, dass wir Gefühle nie wirklich verstehen werden können, dass Widersprüchliches immer widersprüchlich bleiben wird, weil es eben Gefühle sind. Die kann man nicht mit dem Verstand verstehen und vielleicht ist das das Problem, dass ich schon zu lange versuche ein Rätsel zu knacken, das gar keine Lösung besitzt, gar nicht verstanden werden kann – nur gefühlt.
Du hast dir eine Kippe in den Mund gesteckt und als du fertig warst und ich loswollte, hast du gesagt, vielleicht laufen wir uns nochmal über den Weg, einfach so – und ich gab zurück ja, vielleicht tun wir das.
Und dann bin ich gegangen, ohne mich nochmal umzudrehen, weil ich bei dir nichts mehr weiß, nichts mehr verstehe und trotzdem noch fühle und sei es noch so widersprüchlich.
Doch widersprüchlich ist nicht das, was ich wirklich brauche.
Und ich lerne immer noch, wie man Vergangenes ruhen lässt, in dem man den Blick in die Zukunft richtet. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert