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Sandkörner

Manchmal, da ist dieser Gedanke in mir, dass ich gerne verschwinden würde. Nicht da sein. Dass ich einfach gerne nicht so viel Raum einnehmen möchte – in dem Raum, der mich umgibt, untergehen will. Nicht so, dass ich im Hintergrund bin, nicht deswegen, weil ich mich zu laut, zu präsent finde – da ist einfach der Gedanke in mir, dass es doch einfacher sein müsste, wenn ich einfach zusammenschrumpfen würde und viel kleiner wäre, als ich bin. Nicht da sein eben. Nicht anwesend. Nicht hier. Nicht jetzt. Einfach nicht da. Zusammenschrumpfen zu einem Sandkorn, klein und winzig. Vielleicht kommt es daher, weil ich mich so fühle in dem Getriebe dieser Stadt. Ein Sandkorn in diesem kilometerlangen Sandstrand. Klein und winzig, nur ein Teil, der vom Wind verweht wird, getragen, gewirbelt, zerstoben. Und dabei fühl ich mich doch eigentlich so frei am Meer mit den Zehen im Sand.
Mir ist heiß, bevor mir wieder kalt ist. Mir ist schlecht. Ich fühl mich ausgeschabt, als hätte jemand alles aus mir rausgekratzt, fein säuberlich jede Ecke und jeden Rand bearbeitet und nur diese große weite Leere zurückgelassen. Alles, was eben noch leicht war, ist jetzt so schwer. Alles, was eben noch Sinn machte, ist jetzt ein einziger Knoten. Alles, was eben noch da war, scheint jetzt so weit weg. Ich merke nicht, dass ich atme, obwohl ich es dennoch tue. So wie wir alle. So wie wir alle jeden Tag. Du fehlst mir, denke ich und ich spüre seit langer Zeit mal wieder diesen dumpfen Schmerz tief in mir. Bist es wirklich du oder das Gefühl, das ich vermisse? Doch, du bist es, ich bin mir sicher. Manchmal kann ich nicht glauben, dass all das Gute verloren sein soll, nur wegen all deinem vergangenen Schmerz. Und dann frage ich mich, ob es doch nur mein Geist ist, der mir wieder etwas vorspielt, mein kranker Kopf, der sich wieder im Kreis dreht und niemals ankommt, niemals dort, wo ich ihn haben will. Plötzlich fühle ich mich nicht mehr. Mein Kopf ist wieder viel zu voll und viel zu leer und klardenken fällt viel zu schwer. Ich will nur Ruhe. Nicht da sein, verschwinden würde ich gerne. Nicht so viel Raum einnehmen, zusammenschrumpfen, bis ich nur noch ein Sandkorn bin. Klein und winzig – nicht hier, nicht jetzt, nicht da. Und dann stehe ich endlich an diesem Strand, spüre die heißen Tränen auf meinen Wangen und fühle sie doch, meine Zehen im kühlen Sand.

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