Ich bin nicht inspiriert zurzeit. Kann nicht schreiben, obwohl ich es will, finde diesen Flow nicht, der mich sonst immer packt. Mein Kopf ist zu voll.
Zu sehr von einem ins nächste Gehetze, zu viel, was da nicht hingehört, zu viel, das mich nicht loslässt.
Identität ist das, was mich beschäftigt.
Die allseits bekannte Frage, nach der eigenen Person. Wer man ist und wie das gehen soll – etwas definieren, das sich stetig verändert, entwickelt und wächst – im besten Fall.
Ich habe schon lange dieses Gefühl in mir, dass irgendwas nicht stimmt. Brauche eine Veränderung und wusste nie, was genau. Ich will etwas anders machen, will einen anderen Weg einschlagen, mich nochmal anders orientieren im Zahnrad des Lernens und Bildens.
Es ist ein Abwägen – ein ewig währendes Abwägen im Leben von Möglichkeiten, von Bekannten und Unbekannten in der Gleichung, von Sicherheit und Risiko, von Gefühl und Verstand.
Ich will mutig sein – und trotzdem bin ich das manchmal nicht.
Ich will unabhängig sein – und trotzdem lasse ich mich doch noch zu schnell beeinflussen, wenn ich selbst zweifle.
Ich glaube, mich selbst zu kennen – und trotzdem bin ich mir so oft fremd.
Und mit der Frage, was ich eigentlich machen will mit meinem Leben, wo es jetzt -die nächsten kommenden Jahre eigentlich hingehen soll-, da frage ich mich auch, was es eigentlich ist, das mich zu mir macht?
Identität.
Die Summe unserer Erfahrungen und die unendlichen Eigenschaften, die wir vereinen.
Wir sind nicht nur eins.
Wir können nicht nur eins.
Wir sind Vieles.
Jeder von uns.
Und ich frage mich, was es ist, über das wir uns selbst definieren. Woher wir wissen sollen, wer wir sind, wenn wir uns doch selbst ein Leben lang neu entdecken, uns vielleicht selbst überraschen.
Ich frage mich, was passiert, wenn ein Teil von dem, das mich in meinen Augen ausmacht, plötzlich wegbricht. Wenn ich einen Unfall habe und nie wieder so Sport machen kann wie zuvor. Wer werde ich dann sein? Wer bin ich wohl ohne das, das schon wie mein rechter Arm zu mir gehört?
Oder ohne meine Erinnerungen an die Menschen, die ich liebe? Wer würde ich wohl sein, wenn all die Erinnerungen verschwunden wären, wenn mein Geist nur noch ein unbeschriebenes Blatt wäre?
Mir wird so oft gesagt, ich solle nicht so viel nachdenken.
Mir wird so oft gesagt, ich denke sehr tief manchmal und stelle viele Fragen.
Mir wird so oft gesagt, ich solle nicht so traurig schauen, dabei ist das einfach nur mein Gesicht.
Mir wird so oft gesagt, ich sei ein komplizierter Mensch.
Und manchmal, ja manchmal da glaube ich das fast schon selbst.
Und dann frage ich mich wieder, wer das eigentlich ist, die so kompliziert sein soll, so viel nachdenkt und vielleicht zu viele Fragen stellt?
Wenn ich Kinder betrachte, voller Neugier und Wissensdurst dann ist das Erste, das sie tun, Fragen zu stellen, wenn sie beginnen zu sprechen. Sie wollen wissen, was Dinge bedeuten, wie die Welt funktioniert und warum Dieses oder Jenes so ist wie es ist.
Wieso hören wir irgendwann auf, uns Fragen zu stellen? Wieso nehmen wir die Welt so hin wie sie ist? Wieso fragen wir uns irgendwann nicht mehr, wer wir eigentlich sind und wer wir vielleicht sein wollen?
Was ist dieses Wort Identität für uns?
Bis vor Kurzem war ich noch auf dem Weg, Lehrerin zu werden.
Ich dachte, das ist es, was ich will. Was ich vielleicht auch sein möchte oder bin. Ich habe mich selbst zum Teil darüber definiert, was ich mache, was ich studiere. Genau wie Sport und das Schreiben einen großen Teil von mir ausmachen, war es auch das Lehramtsstudium.
Aber irgendwie ist es das jetzt nicht mehr. Und irgendwie ist das okay.
Auch wenn ich selbst lange gebraucht habe, um mir das einzugestehen, zu akzeptieren und anzunehmen.
Identität -habe ich mich gefragt- was bedeutet das für mich eigentlich? Ich weiß zwar, wo ich herkomme, aber weiß ich auch, wo ich hingehöre? Zu wem oder was ich mich zugehörig fühle?
Wir alle sehnen uns danach, etwas Größerem anzugehören, Teil von etwas zu sein, sei es auf Arbeit, in der Ausbildung oder im Verein oder Freundeskreis.
Wir wollen dazugehören. Irgendwo, zu irgendwem.
Wir wollen niemandem gehören, aber zu jemandem.
Dann fühlen wir uns verbunden, aufgehoben und ein Stück weit identifizieren wir uns mit den Werten und Idealen des oder der anderen. Wir definieren uns darüber, zumindest einen Teil von uns. Und wenn das wegbricht, dann scheint die Identitätskrise nicht mehr weit zu sein. Denn: Was bin ich ohne das? Was bleibt dann übrig und wie sehe ich mich selbst?
Manchmal sehe ich mich selbst im Spiegel an und frage mich, was andere sehen, wenn sie mich anblicken. Und was es ist, das ich sehe?
Manchmal frage ich mich, wie es wohl wäre, wenn ich nie einen Spiegel erblickt hätte, nicht wüsste, wie ich selbst eigentlich aussehe. Würde das etwas ändern? Würde es einen Unterschied machen, nicht zu wissen, wie andere mich sehen? Mich nur von innen, nicht von außen zu kennen?
Ich glaube, wir wissen wer wir sind, wenn wir unsere Stärken und Schwächen kennen. Wenn wir wissen, wo wir herkommen und was das mit uns gemacht hat. Warum wir so sind, wie wir sind.
Ich glaube, wir wissen wer wir sind, wenn wir unsere Handlungen und die Dinge, die wir sagen, verstehen und nachvollziehen können, wo sie herkommen, warum wir so handeln, so sprechen, so denken.
Ich glaube es gehört auch dazu, zu wissen, wo wir hinwollen, was unsere Ziele und Träume sind und die Dinge, die uns von innen heraus erfüllen.
Ich denke, man lernt einen Menschen am besten kennen, wenn man ihn nach seinen Träumen fragt. Wenn man zuhört und nachhakt. Fragen stellt, die er sich selbst vielleicht noch nie gestellt hat.
Ich glaube, wir wissen wer wir sind, wenn wir uns selbst reflektieren – hinterfragen, wer wir sind und wie wir sein wollen. Wenn wir unsere Schwächen verbessern und unsere Stärken zu Talenten ausbauen.
Ich glaube, wir wissen wer wir sind, wenn wir erkennen, was wir lieben und wen wir lieben und genau diese Dinge festhalten, aber auch loslassen können, weil Erzwungenes genauso schnell wieder weg sein kann, wie es gekommen ist.
Ich glaube, wir können wissen, wer wir sind, wenn wir uns selbst diese Frage immer wieder stellen und auf nichts beharren, das wir einmal über uns wussten, sondern genauso offen für uns selbst, wie für die Menschen um uns sind.