mal leicht, mal schwer

Das Leichte

Ich schwebe. Ich bewege mich schwerelos durch mein Leben. Ungeachtet meines Gewichts oder das meiner Vergangenheit, Zukunft, das meiner Pflichten und Ziele.
Ich schwebe. Ich gleite dahin, treibe zwischen dem-Gesicht-in-die-Sonne-halten und dem gelösten Gefühl nach einer Sporteinheit hin und her.
Es ist so leicht gerade. Das Leben.
Da ist so viel Zufriedenheit in mir, so viel Platz für so viel Leichtes, so viel Tatendrang, der raus will und so wenig Raum für Grübeln und Schweres. Da bin nur ich. Nur ich und alles, was mich erfüllt.
Immer wieder stelle ich verwundert fest, dass ich das größte Vertrauen in mich habe, das stärkste Selbstbewusstsein, wenn ich allein bin. Wenn ich diese beflügelnde Unabhängigkeit spüre, diese Freiheit, mich auszuleben, mich auszuprobieren, mich selbst zu lieben, glücklich zu machen, die Chancen zu ergreifen, die ich geschenkt bekomme und aus meinen Möglichkeiten und Stärken das Beste herauszuholen. Ich bin glücklich, dass ich allein bin, dass ich mich wieder stark fühle. Ich bin glücklich, mich voll und ganz wieder ich selbst zu fühlen, zu erkennen, dass Gelassenheit zu lernen mehr Zufriedenheit bringt und mir das Loslassen immer leichter fällt.
So als würde ich wirklich nichts brauchen, außer mich selbst.
Ich schwebe. Treibe dahin, nehme alles wie es kommt, halte die Luft an, um dann wieder aufzuatmen. Schwerelos, wie das Gleiten im Wasser, als würde mein Körper kein Gewicht kennen und in meinem Kopf keine Gedanken sein, als wäre da nur ich. Allein. Für mich. Ich schwebe. Fühle mich so frei, wie lange nicht mehr.

Das Schwere

Es gibt Tage wie diese, die fühlen sich so schwer an. So drückend und tief, so als würde ein Gewicht auf mir lasten, obwohl ich kurz zuvor noch durch die Straßen geschwebt bin. An Tagen wie diesen wiegt alles so schwer. Dann fühl ich alles noch mehr. Alles, was weh tut, was immer noch da ist, aber versteckt hinter Zuversicht und Optimismus.
An Tagen wie diesen stürmt es draußen. Wind, der die Äste der Bäume biegt, während die letzten Blätter um ihren Halt kämpfen. Die Baumkronen erzittern, beben unter der Naturgewalt, fast scheint es so, als würden sie tanzen, miteinander und gegeneinander. Der Himmel ist grau.
An Tagen wie diesen scheint die Sonne, wagt sich als goldenes Licht am Morgen heraus und bemalt die roten Ziegeldächer und Baumkronen in seinem warmen Ton. Der Himmel ist blau. Strahlend blau, keine einzige Wolke ist zu sehen, nur dieses unendlich weite Blau.
Ich möchte mal wieder ans Meer, denke ich und schaue nach oben. Stelle mir vor, wie sich die Weite des Meeres vor mir ausbreitet, wie die Wellen meine Gedanken beruhigen, wie ich mich diesem hypnotischen Gefühl hingebe, das der Rhythmus des Meeres, das sanfte Rauschen des Windes und diese befreiende Weite auslösen.
Tage wie diese fühlen sich nicht nach schweben an. Sie fühlen sich anders an, ruhiger, tiefer, drückender, so als würde ich das Gewicht der Welt und allem, was darin passiert so viel stärker fühlen. Als würde es auf mir lasten und als müsste ich um meine sonst so natürliche Zuversicht und den Optimismus kämpfen. Um das Positive in mir.
Und an Tagen wie diesen spüre ich auch all das, was immer noch ein bisschen weh tut in mir. Wunden, die noch da, aber schon weit in den Hintergrund gerutscht sind. Wunden, die heilen, aber manchmal noch jucken. Und ich darf nicht kratzen.
Ich denke an dich, schaue in den Himmel, schaue aus dem Fenster in der Bahn, betrachte die vorbeiziehenden leuchtenden Lichter in der tiefen Dunkelheit. Da sind so viele Erkenntnisse in mir, so viel, dass ich nun verstanden habe. Da sind noch so viele Fragen in mir, so viele Was wäre wenn´s. Da ist noch leiser Schmerz in mir, der an genau diesen Tagen wieder flüstert, wispert, nach mir ruft, so als würde er mich in seine Tiefe, in die dunkle Umarmung seiner Arme locken wollen. Die Versuchung ist da, aber sie war schon mal größer. Mächtiger. Jetzt ist sie nur noch an diesen Tagen präsent, wie ein Schatten, der mich begleitet.
Und ich denke an dich, während ich durch diese Scheiben blicke und Berlin vor ihnen vorbeirauschen sehe. An Tagen wie diesen schwingen deine letzten Worte noch in mir nach, hallen als Echo in meinem Kopf, wollen nicht gehen, wollen mich nicht loslassen, so als wäre ich ihr Gefangener, und meine Gedanken die Zelle.
Ich wünschte, so viel wäre anders gewesen, wünschte, ich hätte damals schon so viel wie heute gewusst, wär damals schon wie heute gewesen. Wünschte manchmal, ich könnte dir all das sagen.
Und dennoch weiß ich, dass ich dann nicht hier wär, wo ich jetzt bin, nicht die wär, die ich jetzt bin, wenn all das nicht so gewesen wär.
An Tagen wie diesen sehe ich dein Lächeln vor mir, höre mein eigenes in mir.
Glitzernde Regentropfen kleben an den Scheiben. Die neonfarbenen Lichter der Reklamen spiegeln sich darin, verschwimmen draußen vor dem Fenster zu einem Strudel aus Farben in der schwarzen Nacht. Die Augen der jungen Frau mir gegenüber fixieren mich, durchdringen mich. Sie lächelt, ich sehe es an den Fältchen um ihre Augen, bedächtig, schüchtern. Auf meinen Ohren ein Beat, ein Rhythmus, ein Gefühl. In meinem Kopf bist du. An Tagen wie diesen immer nur du. Immer nur du und auch diese Angst in mir, dieses schleichende Gefühl in meinem Herzen, diese kratzige Stimme in meinem Kopf. Diese Angst, wieder zu lieben, wieder jemanden zu brauchen, auf diese für mich falsche Art. Die Angst nie wieder jemanden brauchen zu wollen, vor diesen tiefen Blicken zu flüchten, vor dem Gefühl, wieder zu fühlen.
Die Angst vor der Liebe. Die Angst vor der Angst. Die Angst vor der Schwäche, die doch sonst immer meine Stärke war, mein Mut. Die Angst niemanden mehr brauchen zu wollen, eine Mauer zu errichten, die nur mit Sprengkraft eingerissen werden kann. Die Angst am Ende wieder Scherben aufzusammeln, Wunden zu versorgen, mich der Versuchung des in mir lauernden Schmerzes hinzugeben, mich in seinen dunklen Armen zu wiegen, bis ich es selbst schaffe, mich dort rauszuziehen.
Tage wie diese sind seltener geworden, besuchen mich und gehen wieder, lassen neue Texte und Überlegungen zurück, Emotionen und so viel Tiefe. Tage wie diese sind auf ihre Art schön, lehren mich immer wieder, dass schwerelos zu sein nicht ewig währt und dass das Leben wie Wellen kommt und geht, mal hoch, mal tief, mal leicht, mal schwer. Wie ein Rhythmus, ein Gefühl, eine Melodie, die mich packt und mit sich reißt.

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